Wenn sich die Einsatzkräfte der Feuerwehren, Rettungsdienste und Notfallseelsorge begegnen, dann ist in der Regel etwas Schlimmes passiert. Verletzte, Brände, Selbsttötungen oder Gewaltverbrechen mit Verletzten und Toten. Das Belastende aus all diesen Einsätzen verbindet die verschiedenen Einsatzkräfte und führt sie zusammen. Mit dem Gottesdienst - unter der Leitung der Notfallseelsorge Darmstadt-Dieburg, Pfarrer Winfried Steinhaus (Lengfeld) sowie unter Mitwirkung von Pfarrerin Gabriele Heckmann-Fuchs (Modautal-Ernsthofen) - wurde Gott das Belastende aus den Einsätzen anvertraut und um Hilfe gebeten.
Zahlreiche Gäste und Einsatzkräfte der Feuerwehren aus dem Kreisgebiet sowie Einsatzkräfte verschiedener Rettungsdienste und anderen Hilfsorganisationen waren zu der Veranstaltung gekommen. Als Ehrengäste konnte Kreisbrandinspektor Ralph Stühling Landrat Alfred Jakoubek, 1. Kreisbeigeordneter Klaus-Peter Schellhaas sowie Modautals Bürgermeister Jörg Lautenschläger begrüßen.
„Helfen in Not ist unser Gebot“ – nicht nur das Motto des Gottesdienstes und Thema der Predigt sondern ebenso der Leitspruch der Fahne des Kreisfeuerwehrverbandes Darmstadt-Dieburg, die im Rahmen des Feldgottesdienstes geweiht wurde. Das Fahnenbanner trägt auf der Vorderseite, auf blauem Samt, das Wappen des Landkreises Darmstadt-Dieburg. Die Jahreszahl 1899 verweist auf das Gründungsjahr des Kreisfeuerwehrverbandes Dieburg. Die Rückseite trägt ein Motiv unseres Schutzpatrons des „Heiligen Sankt Florian“, der symbolisch ein Gebäude löscht. Auf weinrotem Samt in goldener Schrift steht hierbei „Helfen ist unser Gebot“. Die Traditionsfahne wird künftig bei allen Veranstaltungen des Verbandes präsent sein.
Zusätzlich zur Predigt gab es Schriftlesungen aus dem Matthäus-Evangelium (Kap. 25, 34-40) sowie Berichte aus dem Einsatzdienst - vorgetragen durch die Feuerwehrkameraden Frank Hach, Frank Schumann und Stefan Richter. Begleitet wurde die Veranstaltung durch den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Schaafheim unter Leitung von Steffen Rupprecht. Die Kollekte wird zur Unterstützung eines Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Nieder-Ramstadt, dessen Kind schwer erkrankt ist, verwendet.
Anschließend nach dem Segen und dem Gottesdienst konnten die Besucher in einem gemütlichen Beisammensein am Gemeindehaus in Brandau ihre Erlebnisse austauschen.
Notfallseelsorge – Wenn es auf der Seele brennt (Erklärende Worte von Pfarrer Winfried Steinhaus)
Noch ein Wort zur Notfallseelsorge und die Betreuung der Einsatzkräfte selbst. Was ist Notfallseelsorge? Notfallseelsorge ist die behutsame Begleitung und psychische „Erste Hilfe“ für Menschen in belastenden Ausnahmesituationen. Darunter fallen die Betreuung von Betroffenen und das Angebot zu Gesprächen mit den beteiligten Helfern und Helferinnen der Rettungsorganisationen in und nach einem Krisenfall.
Notfallseelsorge ist ein Angebot der evangelischen und katholischen Kirche der Region. Sie verhält sich tolerant und undogmatisch gegenüber anderen Religionen, Kulturen und Weltanschauungen.
Notfallseelsorge versteht sich als eine Ergänzung der Rettungskette. Am Einsatzort ordnet sie sich den dort gegebenen Erfordernissen unter. Sie ist jedoch eine eigenständige, hierarchisch unabhängige Einrichtung der Kirchen und nimmt keine primären Aufgaben der Feuerwehr, der Polizei oder der Rettungsdienste wahr.
Alle Notfallseelsorger/Innen sind zu strengem Stillschweigen über ihre Gespräche verpflichtet und haben - soweit sie Geistliche sind - zudem das Zeugnisverweigerungsrecht. Ratsuchende können somit sicher sein, dass ihnen aus vertraulichen Mitteilungen keinerlei Nachteile erwachsen.
Notfallseelsorge leistet Soforthilfe im akuten Krisenfall. Bei Bedarf vermittelt Notfallseelsorge auch weiterführende unterstützende Kontakte.
Notfallseelsorger/Innen mit Zusatzqualifikation in "Stressbearbeitung nach belastenden Einsätzen" (SbE) stehen den Hilfsorganisationen des gesamten Landkreises zur Verfügung.
Grundlage ist die in den letzten Jahren erfreulich gewachsene Einsicht auf Führungs- wie auf Mannschaftsebene, dass in Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei sich nicht lauter unverwundbare Helden tummeln, sondern Menschen mit ihren Möglichkeiten und Grenzen, ihren Stärken und Schwächen. Der tumbe Macho-Witz: „Gott sprach zu den Steinen: Wollt Ihr Feuermänner werden? Nein, sagten die Steine, dafür sind wir nicht HART genug!“ – ist out und passé. Vielmehr ist die Erkenntnis, dass auch Helfer Hilfe brauchen, salonfähig geworden und hat nicht mehr den üblen Geruch der Weich-Ei-Mentalität an sich. So haben in den zurückliegenden Jahren bei uns mehr und mehr Einzelgespräche, Gruppen-Debriefings oder Abschiedsrituale nach belastenden Einsätzen stattgefunden bzw. wurden von mir entsprechende präventive Vorträge gehalten, insbesondere im Atemschutzgeräteträger-Lehrgang und für First-Responder-Teams.
Im Umkehrschluss folgt daraus mein ganz persönlicher hoher Respekt für das, was Einsatzkräfte an Lasten auf sich nehmen. Allein die weiter oben aufgeführten Beispiele lassen ahnen, wieviel Verzweiflung ihre Augen sehen, was für Schreie ihre Ohren hören und welche Trümmer ihre Hände berühren. Unsere Gesellschaft hat viele Schattenseiten (selbst im scheinbar „heilen“ ländlichen Raum), und Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei trifft es in der Regel, sich darum zu kümmern: hautnah und unmittelbar. Dem gilt mein Respekt und meine Anerkennung: DANKESCHÖN!